Seit Inkrafttreten der DSGVO hat sich für Website-Betreiber einiges verändert: Externe Analyse- und Marketing-Tools, die Daten personalisiert und meist außerhalb der EU verarbeiten, dürfen nur noch nach aktiver Zustimmung der Nutzer geladen werden. An dieser Stelle kommen Cookie-Banner ins Spiel, die aus Nutzersicht nerven, aber aus Unternehmenssicht wichtig sind, um Online-Marketing zu betreiben. Sie sollen Transparenz schaffen und Kontrolle ermöglichen, führen in der Praxis aber oft zu einem Dilemma: Die einen klicken ohne nachzudenken auf „Alle akzeptieren“, andere lehnen alles pauschal ab, verlassen genervt die Website oder suchen den Ausweg im Inkognito-Modus.
Doch was passiert eigentlich wirklich, wenn ein Cookie-Banner eingeblendet wird? Wie reagieren die Nutzer? Welche Zielgruppen sind zustimmungsfreudiger und welche nicht? Um diese Fragen zu beantworten, haben wir im Jahr 2023 eine eigene Studie mit 550 Personen durchgeführt. Ziel war es, den tatsächlichen Einfluss von Cookie-Bannern auf Website-Statistiken besser einschätzen zu können. Die Ergebnisse liefern spannende Erkenntnisse und zeigen zugleich konkrete Handlungsfelder auf.
Datenschutz? Ja, aber bitte nicht zu unbequem
Ein zentrales Ergebnis der Studie ist das sogenannte Privacy-Paradox: 43 % der Befragten gaben an, dass ihnen Datenschutz wichtig sei, tatsächlich abgelehnt oder angepasst haben die Cookie-Einstellungen aber nur 32 %. Der Rest klickt also mehr oder weniger reflexartig auf den Zustimmen-Button.
Das zeigt: Zwischen Einstellung und Verhalten klafft eine Lücke. Viele Nutzer wünschen sich Datenschutz, nehmen dafür aber kaum aktive Maßnahmen in Kauf, insbesondere dann nicht, wenn sie dadurch Inhalte oder Funktionen verlieren könnten.
Ein weiteres interessantes Detail: Die grundsätzliche Einstellung zum Datenschutz ist bildungsunabhängig. Ob Hauptschule, Abitur oder abgeschlossenes Studium, alle Gruppen äußerten ähnliche Werte. Das ist insofern relevant, als dass Datenschutz nicht länger als elitäres Thema gelten kann. Es ist längst in der breiten Mitte der Gesellschaft angekommen.
Klassische Cookie-Banner: Das Nutzerverhalten in Zahlen
Wie sehen die konkreten Entscheidungen bei Cookie-Bannern aus? Die Umfrage zeigt ein klares Bild:
- 68,36 % der Befragten akzeptieren alle Cookies.
- 27,64 % lehnen ab oder erlauben nur essenzielle Cookies.
- 4,00 % öffnen die detaillierten Einstellungen.
Die Mehrheit der Website-Besucher akzeptiert also Tracking, ohne sich näher mit den Details auseinanderzusetzen. Gleichzeitig ist die Gruppe der Ablehnenden oder selektiven Nutzer keineswegs zu unterschätzen, gerade im Hinblick auf die Aussagekraft von Website-Statistiken.
Denn wenn nur etwa zwei Drittel aller Besucher vollständig erfasst werden, entstehen zwangsläufig blinde Flecken im Tracking. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Webanalyse, sondern auch auf die Optimierung von Marketingkampagnen, Conversion Rates und Nutzerführung.
Cookie-Banner und Datenschutz: was Nutzer wirklich tun
Die Mehrheit der Nutzer akzeptiert Cookie-Banner ohne größere Gegenwehr, wie unsere Zahlen zeigen. Nur ein kleiner Teil macht sich die Mühe, Einstellungen anzupassen. Doch was passiert, wenn Cookies nicht einfach per Klick abgelehnt werden können, wie es etwa bei vielen Verlagsseiten der Fall ist?
Hier zeigt sich ein besonders spannendes Nutzungsverhalten und eines, das auch wirtschaftlich betrachtet Folgen hat.
Verlagsseiten: Wenn das Cookie-Banner zur Paywall wird
Viele Verlage nutzen sogenannte „Abo-abhängige Cookie-Banner“. Das bedeutet: Nur wer ein kostenpflichtiges Abo abschließt, kann Cookies vollständig ablehnen. Wer das nicht möchte, muss dem Tracking zustimmen, um Inhalte lesen zu dürfen.
Das klingt zunächst nach einer pragmatischen Lösung, ist in der Praxis aber heikel.
Die Umfrage zeigt: Nur 52,37 % der Nutzer akzeptieren diese Art von Cookie-Nutzung, um Inhalte kostenlos zu konsumieren. Der Rest reagiert deutlich kritischer:
- 26,55 % wechseln gezielt in den Inkognito-Modus, um das Tracking zu umgehen.
- 25,82 % verlassen die Seite sofort, ohne weiterzulesen.
- Nur 18,72 % schließen überhaupt ein kostenpflichtiges Abo ab, um Cookies zu umgehen.
- Und bei nur 18,00 % ist der Cookie-Zwang überhaupt ausschlaggebend für eine Abo-Entscheidung.
Diese Zahlen sprechen eine klare Sprache: Der Cookie-Zwang auf Verlagsseiten führt in vielen Fällen nicht zu mehr Umsatz, sondern zu Nutzerverlusten.
Inkognito statt Zustimmung: Der stille Widerstand
Eine weitere Erkenntnis: Viele Nutzer versuchen aktiv, sich dem Tracking zu entziehen und zwar nicht nur auf Verlagsseiten. Rund 41,09 % der Befragten nutzen regelmäßig den Inkognito-Modus ihres Browsers. Weitere 63,46 % löschen regelmäßig ihren gesamten Browserverlauf.
Diese Maßnahmen sind zwar nicht neu, aber ihre Verbreitung zeigt, dass sich Datenschutzbewusstsein zunehmend auch im digitalen Verhalten niederschlägt. Es geht nicht mehr nur um das Lippenbekenntnis – viele handeln.
Und dabei ist der Inkognito-Modus noch vergleichsweise harmlos. In Einzelfällen versuchen Nutzer auch, Cookie-Banner technisch zu umgehen, was vor allem bei restriktiven Umsetzungen zum Problem werden kann.
Die Lebensdauer von Tracking-Cookies
Die Lebensdauer von Tracking-Cookies variiert erheblich, sowohl technisch als auch praktisch. Während viele Cookies technisch auf Laufzeiten von mehreren Monaten bis zu zwei Jahren eingestellt sind, werden sie in der Realität deutlich früher gelöscht oder blockiert. Eine Analyse von über 850.000 Nutzern (Ghostery-Studie) zeigte, dass Tracking-Cookies im Durchschnitt rund 179 Tage bestehen bleiben, bevor sie entweder ablaufen oder entfernt werden.
Noch kürzer fällt die tatsächliche Halbwertszeit aus, also der Zeitraum, nach dem etwa die Hälfte aller Cookies nicht mehr aktiv ist. Eine Untersuchung des MIT und der UCL ergab, dass über 40 % der Cookies bereits nach weniger als einem Monat verschwunden sind, sei es durch Nutzerverhalten oder technische Maßnahmen wie Tracking-Prevention.
Insbesondere moderne Browser tragen zur Verkürzung der Cookie-Laufzeiten bei. Safari beispielsweise beschränkt durch „Intelligent Tracking Prevention“ (ITP) viele Cookies auf eine Lebensdauer von maximal 7 Tagen, teilweise sogar weniger (WebKit-Dokumentation zu ITP).
Das wirkt sich besonders auf Third-Party-Tracking und Retargeting aus, die damit häufig wirkungslos werden, bevor sie ihr volles Potenzial entfalten können. Eine groß angelegte Studie mit über 128 Millionen Ad Impressions belegte zudem, dass die durchschnittliche Cookie-Laufzeit branchenübergreifend bei rund 279 Tagen lag, jedoch mit starken Schwankungen je nach Nutzerverhalten und Gerät.
In der Summe lässt sich feststellen: Auch wenn viele Cookies technisch auf ein Jahr oder länger ausgelegt sind, liegt ihre effektive Lebensdauer meist deutlich darunter. Realistisch ist ein Fenster von ein bis drei Monaten, bevor ein erheblicher Anteil der Cookies nicht mehr verfügbar ist. Für datengetriebenes Online-Marketing und insbesondere bei der Planung von Attribution oder Remarketing-Kampagnen sollte daher mit einer reduzierten Tracking-Zeitspanne gerechnet werden.
Tracking im Wandel: Was Marketer jetzt tun sollten
Aus der verkürzten und stark schwankenden Lebensdauer von Cookies lassen sich mehrere strategische und technische Empfehlungen ableiten, insbesondere für das datengetriebene Online-Marketing und für die Konzeption von Tracking-Setups, die auch künftig funktionieren sollen.
1. Erstanbieter-Tracking bevorzugen
Third-Party-Cookies werden durch Browser wie Safari und Firefox zunehmend blockiert oder verkürzt. Selbst Chrome plant bis 2025 den vollständigen Ausstieg. Stattdessen sollten Unternehmen konsequent auf First-Party-Tracking umsteigen, etwa mit Tools wie Matomo, Piwik PRO oder serverseitigem Google Tag Manager. Diese Lösungen ermöglichen eine deutlich längere Lebensdauer von Cookies (bis zu 13 Monate bei richtiger Konfiguration) und sind meist DSGVO-konformer gestaltbar.
2. Attribution kürzer denken
Da viele Cookies nach wenigen Wochen gelöscht oder blockiert werden, sollten Conversion-Zeitfenster in Analyse-Tools realistisch reduziert werden. Attributionen über 30 bis 90 Tage hinweg sind in vielen Fällen nur noch eingeschränkt valide. Wer beispielsweise 180-Tage-Remarketing-Zielgruppen aufbaut, erreicht in der Praxis oft nur einen Bruchteil der ursprünglich erfassten Nutzer.
3. Consent-Strategien optimieren
Ein Großteil der Cookies wird gar nicht erst gesetzt, weil Nutzer keine Zustimmung geben. Daher ist eine UX-optimierte, transparente und rechtssichere Consent-Banner-Strategie entscheidend. Ziel sollte sein, die Opt-in-Raten zu erhöhen, z. B. durch klar verständliche Erklärungen, visuelle Hilfen oder Previews zur Personalisierung.
4. Serverseitiges Tracking einführen
Mit serverseitigem Tracking, z. B. über eine eigene Subdomain und einen serverseitigen Google Tag Manager, lässt sich die Cookie-Laufzeit technisch oft verlängern und stabilisieren, unabhängig von Browser-Einschränkungen. Zudem wird der Datenverlust durch AdBlocker reduziert, da diese serverseitige Aufrufe deutlich seltener blockieren.
5. Tracking-Daten frühzeitig nutzen
Da viele Nutzer nur einmalig erfasst werden oder schnell „verloren gehen“, sollten Tracking-Daten schnell analysiert und aktiviert werden. Das betrifft besonders Retargeting-Kampagnen, Segmentierung für E-Mail-Automation und dynamische Content-Aussteuerung auf der Website.
6. Alternative Identifier nutzen (Cookieless Tracking)
Für eine langfristige Tracking-Strategie sollten zusätzliche Technologien evaluiert werden, wie z. B.:
- Fingerprinting (nur unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen DSGVO-konform)
- Contextual Targeting (z. B. in Display-Netzwerken)
- Login-basierte Nutzerkennung (z. B. Customer Data Platforms)
- Enhanced Conversions oder CAPI (Meta) zur serverseitigen Attribution
Angesichts der sinkenden Cookie-Lebensdauer ist es heute wichtiger denn je, auf robuste, zukunftssichere und datenschutzkonforme Tracking-Methoden zu setzen. Wer frühzeitig auf Erstanbieter- und serverseitiges Tracking umstellt, verliert weniger Daten und bleibt im Vorteil, sowohl im Performance Marketing als auch bei der strategischen Webanalyse.
Zwischen Vertrauen und Frust: Wenn Datenschutz zur Hürde wird
Die Crux vieler Cookie-Strategien liegt genau hier: Einerseits wollen Website-Betreiber DSGVO-konform arbeiten, andererseits verlieren sie durch restriktive Banner Tracking-Daten, Nutzer oder sogar zahlungswillige Kunden.
Die Umfrage zeigt: Datenschutzmaßnahmen, die zu kompliziert oder einschränkend wirken, haben oft einen gegenteiligen Effekt. Nutzer, die sich unter Druck gesetzt fühlen, verlassen die Seite oder suchen technische Schlupflöcher.
Dabei wäre die Lösung oft einfacher, als gedacht.
Was Nutzer wirklich wollen
Besonders bemerkenswert: 79,82 % der Befragten gaben an, dass sie mit anonymen, cookiefreien Statistiken einverstanden wären. Das zeigt ein hohes Maß an Bereitschaft zur Zusammenarbeit, vorausgesetzt, der Datenschutz wird respektiert.
Website-Betreiber können hier ansetzen, indem sie auf Tools setzen, die ohne Zustimmung auskommen, keine personenbezogenen Daten speichern und ausschließlich innerhalb der EU gehostet werden. So lassen sich zumindest Basisstatistiken weiterhin erfassen, ohne rechtliche Grauzonen und ohne Nutzer zu verschrecken.
Was Website-Betreiber jetzt tun sollten
Die Erkenntnisse aus unserer Studie zu Cookie-Bannern und Website-Datenschutz sind eindeutig: Nutzer wünschen sich Datenschutz, aber bitte ohne Hürden. Sie klicken oft gedankenlos auf „Akzeptieren“, umgehen aber auch gezielt Cookie-Zwänge, wenn sie sich unter Druck gesetzt fühlen. Für Website-Betreiber bedeutet das: Wer seine Nutzer ernst nimmt und trotzdem valide Daten erheben möchte, braucht neue Strategien.
Altersabhängige Unterschiede ernst nehmen
Je nach Zielgruppe kann der Effekt von Cookie-Bannern gravierend unterschiedlich ausfallen. Besonders deutlich ist das beim Alter:
- 30–44-Jährige akzeptieren Cookies am häufigsten (Opt-In-Quote: 76 %).
- Bei Menschen über 45 Jahren sinkt die Zustimmung auf teils unter 60 %.
- Nutzer über 60 sind am datenschutzkritischsten, hier sind hohe Absprungraten durch Cookie-Banner keine Seltenheit.
Was heißt das für die Praxis? Betreiber von Websites mit älterer Zielgruppe, z. B. im Gesundheits-, Finanz- oder Bildungsbereich, sollten besonders sensibel mit Cookie-Bannern umgehen. Zu aggressive Einbindungen kosten hier nicht nur Daten, sondern schlimmstenfalls auch Kunden.
Alternative Tracking-Lösungen: Es geht auch ohne Cookies
Eine unserer wichtigsten Empfehlungen ist der Einsatz cookiefreier und anonymer Tracking-Tools, die keine personenbezogenen Daten speichern und keine Zustimmung erfordern. Diese Lösungen liefern zwar nicht die Tiefe eines klassischen Trackings, dafür aber datenschutzkonforme Basisdaten zur Nutzerfreundlichkeit und allgemeinen Website-Performance.
Geeignete Tools sind beispielsweise:
- Matomo (mit anonymisierten Setup)
- Plausible Analytics
- Fathom Analytics
Der Vorteil: Durch das berechtigte Interesse an der Optimierung des eigenen Webauftritts können diese Tools oft ganz ohne Cookie-Banner verwendet werden, sofern keine Daten an Drittstaaten gesendet werden und die Anonymisierung korrekt erfolgt.
Matomo (bei korrektem Setup), Plausible und Fathom (mit EU-Isolation) ermöglichen allesamt anonymes Tracking ohne Cookies, wobei nur Plausible vollständig in der EU gehostet ist, Matomo volle Kontrolle bietet und Fathom als einziger Anbieter seinen Hauptsitz außerhalb der EU hat.
Weg vom reinen Cookie-Marketing, hin zu nachhaltiger Kommunikation
Neben dem technischen Setup ist auch ein strategisches Umdenken gefragt. Marketingmaßnahmen, die auf Third-Party-Cookies basieren, geraten zunehmend unter Druck, rechtlich wie praktisch. Die Zukunft gehört Ansätzen, die auf Vertrauen, Relevanz und direkter Nutzeransprache basieren.
Das bedeutet konkret:
- Mehr Fokus auf eigene Kanäle wie Newsletter, Content Marketing und Community-Aufbau.
- First-Party-Daten nutzen, z. B. aus Registrierungen oder Formularen.
- Kampagnen stärker auf Mehrwert ausrichten, statt auf reines Retargeting.
Fazit: Datenschutzfreundlich heißt nicht datenblind
Die Umfrageergebnisse zeigen deutlich: Nutzer sind bereit, mit Website-Betreibern zu kooperieren, solange sie sich respektiert und nicht manipuliert fühlen. Wer Tracking zu transparenten, anonymen und fairen Bedingungen anbietet, muss auch in Zukunft nicht auf aussagekräftige Statistiken verzichten.
Cookie-Banner werden bleiben. Aber sie müssen intelligenter gestaltet, dem Nutzerverhalten angepasst und mit modernen, datenschutzkonformen Tools kombiniert werden. So lässt sich ein Gleichgewicht herstellen zwischen Respekt vor der Privatsphäre und dem berechtigten Interesse an Performance-Optimierung. Das Ziel: Ein Internet, in dem sich Nutzer sicher fühlen und Website-Betreiber endlich wieder valide Entscheidungen treffen können.