SEO-Mythen

Es gibt ein paar typische Aussagen semi-professioneller SEO-Experten, denen man 2019 nicht folgen sollte. Ganz oben auf der Liste sind unpassende Zertifizierungen, unseriöse Erfolgsversprechen und unwirksame Maßnahmen.

Google-Agenturen

In der letzten Zeit häufen sich bei Kunden Anrufe von einer „Google Agentur“. Es gibt aber keine einzelne Google Agentur und selbst das „Google Partner“-Programm, auf das sich solche Agenturen stützen, ist keine Erfolgsgarant zur SEO. Denn ein Google Partner muss gar kein SEO-Wissen nachweisen, sondern nur Google Ads können. Zwar ist der Qualitätsfaktor von Google Ads relativ ähnlich wie die Relevanzaussage in der SEO, allerdings sind Google Ads von der Komplexität und den Anforderungen an Erfahrung ein Fliegenschiss im Vergleich zur SEO (Entschuldigung für den Kraftausdruck!).

Deswegen solltest du keine Google Agentur und keinem Google Partner aus SEO-Sicht trauen. Wer dich schon beim ersten Anruf vom Wesentlichen ablenken will, der kann kein vertrauenswürdiger Partner sein. Auch wenn er vielleicht gut ist.

Rankingversprechen

Wer dir top Rankings verspricht führt dich an der Nase herum. Denn SEO ist nicht nur abhängig von Google, sondern auch von deinem Wettbewerb. Bestimmte Rankings können also kaum versprochen werden. Darüber hinaus können deine Rankings nur dann über reine SEO-Maßnahmen verbessert werden, wenn der Wettbewerb extrem gering ist. Das ist oft nur bei sehr speziellen Suchbegriffen, ohne nennenswerter Nachfrage und mit weniger Relevanz für dein Unternehmen der Fall. Dann bekommst du also kaum mehr Besucher und die SEO ist praktisch wertlos. Einzige Ausnahme: Deine Firma bietet hoch spezialisierte Lösungen an, die nichts im Mainstream verloren haben. Dann können Rankings bei Nischenkeywords durchaus helfen.

Ein seriöser SEO verspricht dir aber in keinem Fall bestimmte Rankings, sondern stimmt seine Maßnahmen mit dir und deinem Team ab, damit ihr eine passende Content- und Optimierungsstrategie findet, die zu den für dich und dein Business relevanten Keywords passt.

Mehr Kunden…

… bekommst du durch SEO nicht automatisch. Durch bessere Rankings zu sinnvollen Suchbegriffen erhältst du zwar oft mehr Besucher, allerdings heißt das noch nicht, dass diese auch konvertieren. Deswegen sollte eine SEO stets zusammen mit einer Conversion-Optimierung erfolgen, um das Optimum aus dem Traffic raus zu bekommen und mehr Kunden zu gewinnen. So eine Conversion-Optimierung solltest du stets mit begleitenden Google- sowie Social-Ads kombinieren, damit du schneller (Miss-) Erfolge messen und daraus deine Seite rascher optimieren kannst. Denn SEO alleine wirkt meist mittelfristig, d. h. es dauert locker mal ein Viertel bis halbes Jahr, bis sie zieht (bei großen Portalen geht das schneller, bei kleinen Seiten, die lange nicht aktualisiert wurden, teilweise noch länger).

Demnach macht übrigens eine SEO-Erfolgsmessung ohne Zugriff auf die Webstatistiken und ohne einem gemeinsamen Änderungsprotokoll, welche stetig kontrolliert werden, wenig Sinn. Hat dein Unternehmen einen persönlichen Vertrieb (z.B. per Telefon), solltest du außerdem festgehalten, wie Neukunden auf euch aufmerksam wurden und was entscheidend für ihre Entscheidung war, den Kontakt herzustellen.

Branchenbucheinträge

Du hast richtig gelesen. Selbst im Jahr 2018 gibt es noch Firmen, die durch Branchenbucheinträge Backlinks anbieten. Es ist schon ein Wunder, dass es Branchenbücher überhaupt noch gibt, aber durch Adresshandel und Werbung (durch Branchenbucheinträge Unwissender) können sich wohl einige noch behaupten. 
Solche Links bringen dir nichts außer Kosten, da darüber praktisch kein sinnvoller Traffic zustande kommt. Denn wer sollte ein Branchenbuch nutzen, wenn Google bessere Ergebnisse liefert? Meist darfst du für Branchenbucheinträge sogar mehrmals zahlen, da bspw. Änderungen von Kontaktdaten und Öffnungszeiten oder Löschungen von Branchenbucheinträgen mit Aufwand verbunden sind.

Ein bisschen anders schaut das mit Experten- oder Branchenverzeichnissen aus, die den Nutzern einen echten Mehrwert bieten und auch aktiv bei Recherchen genutzt werden. Sowas wie das Awards-Directory ist durchaus eine hilfreiche Informationsquelle und deren Backlinks noch was Wert, da darüber qualitativerer Traffic und sogar auch Leads zustande kommen können.

Awwwards Directory Screenshot


Das Awwwwards-Directory bietet auf der Suche nach anspruchsvollen Webagenturen einige praktische Filter. Quelle: Awwwards

Kommentar-Links

Was für die meisten Branchenbücher gilt, gilt auch für Kommentare in Foren und Blogs. Dort Links zu posten bringt nur dann etwas, wenn darüber auch Traffic zustande kommt. In 99% der Fälle ist das nicht der Fall. Diese Links sind zwar kaum schädlich für deine SEO, da sie ohnehin oft standardmäßig entwertet werden, aber wenn sie deplaziert sind, werden Signaturlinks und Fake-Beiträge oft kommentarlos gelöscht und irgendwann bekommst du die Retourkutsche.

Wenn du dich aber konstruktiv an Diskussionen beteiligst und inhaltlichen Mehrwert durch deine Kommentare bietest, dann können Links in Kommentaren durchaus etwas bringen. Das kann aber kaum ein branchenfremder SEO für dich übernehmen, sondern solltest du selber (oder) mit Experten aus deiner eigenen Branche erledigen.


Nur weil in diesem Kommentar Text drin steht, ist es noch nicht hilfreich. Screenshot aus einer Kundenseite.

Metadaten und Keywords…

… reichen für eine SEO nicht aus. Durch eine Aneinanderreihung von Suchbegriffen in den (unsichtbaren) Metadaten kannst du nichts erreichen. Denn Google ignoriert die Meta-Keywords einfach, da hiermit früher viel schlechte SEO betrieben wurde.

Der Einbau von Keywords in den anderen Metadaten (Titel und Beschreibung) funktioniert zwar nach wie vor, allerdings ist das nur ein Teil der SEO, den du mit deinem Team schon bei der Contententwicklung übernehmen solltest.

Keyworddichte und SEO-Texte

Wer den Begriff „Keyworddichte“ in den Mund nimmt, ist für mich ein Spammer. Denn Suchbegriffe mit einer bestimmten Frequenz im Inhalt zu erwähnen führt meist zu abgedroschenen SEO-Texten, welche die Nutzer kaum ansprechen und von Google ignoriert oder als Spam betrachtet werden. Wir bezeichnen sowas auch als „Keyword-Stuffing“. Also das Vollstopfen von Texten mit Suchbegriffen. Das heißt aber nicht, dass du gar keine Keywords in deinen Texten einbauen solltest.

Nutze Keywords sinnvoll in Überschriften und Fließtexten. Lasse dich zusätzlich von einer Textanalyse inspirieren, welche dir weitere relevante Begriffe vorschlägt.

Google kann SEO-Texte übrigens auch dann entwerten, wenn sie nicht so schlecht sind: Nämlich wenn sie irgendwo in die Fußzeile oder der Seitenleiste auftauchen. Das ist häufig bei Online Shops der Fall. Deswegen solltest du schauen, dass du auch innerhalb von Produktübersichten relevante Inhalte einfügst. Für WooCommerce und die meisten anderen Shopsysteme gibt’s leider noch keine sinnvolle Lösung, außer per CSS- und JavaScript Inhalte zwischen die Produkte „reinzupatchen“. Bei Shopware gibt’s aber eine Lösung: Die Münchner Internetagentur signundsinn hat hierzu ein Plugin geschrieben, mit dessen Hilfe sich in den Kategorieansichten Inhalte und Produkte abwechseln lassen.

Voice Search

Seit 2017 sind Sprachassistenten wie Alexa, Siri oder der Google Assistant in vieler Munde. Mit smarten Speakern sind diese wohl massetauglich geworden, meinen einige „Experten“. Aber nicht in Deutschland. Voriges Jahr hatten einer Umfrage von statista zu folge gerade mal 8% der Deutschen einen solche Assistenten. Da die Assistenten auch 2018 maximal zum Bestellen von Alltagsprodukten, zum Abspielen von Musik oder für einfache allgemeine Fragen Antworten bieten, stufe ich Sprachassistenten aus SEO-Perspektive für praktisch irrelevant ein.

Ob Voice Search in den kommenden Jahren massetauglich wird, vage ich zu bezweifeln, da die Computerstimmte für den Austausch komplexerer Informationen (noch) nicht tauglich ist. Aktuell braucht es nach wie vor Displays, um komplexere Sachverhalte zu Veranschaulichen und Nutzern die Chance zu geben, sich selber eine Meinung zu bilden. 
In etwa 10-15 Jahren könnte sich das aber ändern, wenn Sprachassistenten mit Augmented Reality verknüpft werden. Aber dafür müssten die entsprechenden Brillen oder Linsen erstmal ausgereift sein. 
Bis dahin ist der Sprachassistent aber nur so tauglich zur SEO wie eine 3D-Brille zu, Filmschauen (die mittlerweile schon zum zweiten Mal einen Tod gestorben ist, weil sie einfach zu unpraktisch ist).

Das heißt aber nicht, dass du damit nicht experimentieren sollst: Nutze Frage- und Antworttechniken für die Konzeption deiner Website-Inhalte und FAQ-Bereiche. Teste Dialogflow – eine Art Sprach-CMS – um Erfahrungen mit Voice Search zu machen, wenn du die Zeit dafür hast.

 

Bilder-SEO

Ein weiteres beliebtes Thema in SEO-Medien und auf -Konferenzen ist die Bildoptimierung. Die Frage ist nur: Wen zieht man dadurch an? Denn wer nach Bildern sucht, hat selten Bedarf an deinen Angeboten. Außer du bietest Fotos oder Informationen an, die in den Bildern zusammengefasst sind (Infografiken oder Statistiken also). Es kann zwar auch sein, dass sich jemand auf der Suche nach einem bestimmten Style oder nach Inspiration zu dir verirrt und dann konvertiert, die Chance ist aber extrem gering. Darüber hinaus kommt, dass Google mit Hilfe künstlicher Intelligenz deine Bilder lesen kann. Ob du sie also noch weiterhin mit Titel- und Alt-Attributen versehen musst, ist aus SEO-Sicht weniger relevant. Dass diese Infos aber zum Verständnis, aus Lizenzgründen und für Sehgeschädigte wichtig sein können, steht außer Frage. Deswegen solltest du die Felder noch nutzen.

Übrigens: Da Bilder einen erheblichen Teil bei der Performance-Optimierung beitragen, solltest du sie nie unkomprimiert einsetzen. 
Und: Im Gegensatz zur Bildoptimierung dient Video-SEO nicht primär dazu, den Traffic einer Website zu erhöhen, sondern das Video selbst besser zu positionieren. Wenn du also Bewegtbild hast, solltest du auf jeden Fall darauf optimieren.

Job-SEO

Ein weiteres Mysterium ist SEO im Personalmarketing: Aktuell bringen Stellenanzeigen auf der eigenen Website noch relativ wenig im Jobmarketing-Mix. Denn einerseits sind Jobportale oft wesentlich stärker auf ihren Nutzen optimiert als die Webseiten von Unternehmen. Andererseits sind Stellenangebote oft nur wenige Wochen bis Monate online und werden nach Besetzung oft gedankenlos gelöscht. Dies wird schnell zum SEO-Killer, da Nutzer dann eine negative Erfahrung mit deiner Website machen, wenn sie auf gelöschte Inhalte bekommen und nicht weiter geführt werden. 
Dies wird sich voraussichtlich Ende 2018 oder Anfang 2019 ändern, wenn „Google Jobs“ in Deutschland ausgerollt wird.

Google Jobs Screenshot


Quelle: Google Search Gallery

Damit bekommen Stellenanzeigen, die direkt von den Unternehmen veröffentlicht werden, eine wettbewerbsfähige Chance im Vergleich zu den gängigen Stellenportalen. Doch das heißt nicht unbedingt, dass es dadurch Job-SEO für jedes Unternehmen geben wird.

Ähnlich wie bei einer abgelaufenen ebay-Auktion sollten dann diejenigen Nutzer, die auf ein veraltetes Stelleninserat kommen, auf eine ähnliche Alternative aufmerksam gemacht werden oder die Option bekommen, über neue Stellen der gleichen Art informiert zu werden. 
Das normale KMU hat aber nicht für jede Stelle eine Alternative und eine Benachrichtigungsfunktion würde nur dann Sinn machen, wenn sich in absehbarer Zeit eine neue Chance eröffnen würde. Da meiner Erfahrung nach Konzerne nicht proaktiv sondern nur reaktionär (und damit zu spät) agieren, wird die Job-SEO wohl unter den Jobportalen und dem einem oder anderen Startup ausgetragen werden.

Content-Löschungen

Ich habe gerade schon die Löschung von Stelleninseraten als SEO-Killer genannt. Das gilt nicht nur für Jobs, sondern für alle Inhalte. Es gibt allerdings einige SEOs, die Löschungen als strategisches Mittel sehen, da durch das Entfernen unnötiger, veralteter, dünner oder schlechter Inhalte mehr Fokus auf die Indexierung wichtiger Inhalte gelegt werden kann. Dem stimme ich grundsätzlich zu. Allerdings solltest du so einer Maßnahme mit viel Vorsichtig folgen, da oft auch minder qualitative Inhalte ihre Daseinsberechtigung haben. Hinterfrage zuerst, ob du solche Inhalte nicht irgendwie optimieren kannst, bevor du sie in den Papierkorb wandern lässt.

Fazit

Mit klassischer SEO hat die Heutige relativ wenig gemeinsam. Nicht durch das Hochmogeln, sondern durch Nutzerorientierte Optimierung erreichen wir bessere Rankings. Seriöse SEO-Experten sprechen daher von der Search Experience Optimization. Praktisch: Sie kürzt sich auch mit SEO ab.